Bußgeldbescheide zur Unzeit
CDU Jena kritisiert Vorgehen der Stadt
Kurz vor Auslaufen der einrichtungsbezogenen Impfpflicht macht der Oberbürgermeister der Stadt Jena Thomas Nitzsche (FDP) mit der Ankündigung, noch im laufenden Monat über 650 Bußgeldbescheide gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitswesen zu versenden auf sich aufmerksam. "Dass ausgerechnet die Thüringer Universitätsstadt Jena bundesweit Presse macht mit der Bestrafung so genannter Impfunwilliger, ist ein Affront sondersgleichen gegen all diejenigen, die sich seit bald drei Jahren Coronakrise in Gesundheitseinrichtungen engagieren", findet Stephan Wydra, Jenaer Virologe und Mitglied im Landesvorstand der Thüringer CDU.
Auch
Jenas CDU Kreis- und Fraktionsvorsitzender Guntram Wothly fordert ein
Ende der Gängelei: "Die Verhältnismäßigkeit muss gewahrt
bleiben. Dass die rot-rot-grüne Landesregierung unter Bodo Ramelow
die Kommunen quasi dazu zwingt, ungeimpfte Pflegekräfte jetzt
abzukassieren und dafür zu bestrafen, dass sie ihrer Arbeit
nachgehen, ist gerade in einer Zeit des Fachkräftemangels
unvorstellbar. Ich unterstütze diesen Vorgang nicht."
Fakt
ist, dass diese Mitteilung der Stadt Jena zu gerade absurder Unzeit
kommt, mitten in ärgster Personalnot in Krankenhäusern und
Pflegeeinrichtungen und kurz vor dem faktischen Ende dieser
Impfpflicht.
Und
während sich in allen Ecken der Republik Entscheidungsträger mit
der längst überfälligen Lockerung von Maßnahmen beschäftigen und
hervortun, schmückt sich ausgerechnet Thüringens Akademikerstadt
demonstrativ mit der ordnungspolitischen Umsetzung unsinniger
Maßnahmen statt auf mehr Zugeständnisse an die Intelligenz und
Eigenverantwortlichkeit ihrer Bürgerinnen und Bürgern zu setzen.
"Spätestens seit der Erkenntnis, dass eine Impfung weder vor
Infektion noch relevant vor Übertragung schützt, entbehrt die
einrichtungsbezogene Impfpflicht für Gesundheitspersonal jedweder
Grundlage", so der Virologe Wydra. Akteure quer durch alle
Bereiche im Gesundheitswesen fordern seit Monaten deren Aussetzen
oder gar vorzeitiges Ende, eine Verlängerung über den 31. Dezember
dieses Jahres hinaus halten viele für unvertretbar.
Besonders
anstößig finden beide CDU-Politiker die mediale Begleitung dieses
Vorgangs. "Dies nicht nur offensichtlich schnellstmöglich
umzusetzen, sondern auch noch in der bundesweiten Presse zu
zelebrieren, macht den ganzen Vorgang schwer erträglich",
empört sich Wydra. Kein Verständnis also für Jenas
FDP-Oberbürgermeister, Kraft seines Amtes in diesem Vorgang
maßgebliche Letztinstanz und Initiator des Presserummels. Während
sich die Thüringer CDU seit langem für ein Ende dieser Impfpflicht
stark macht und die zaudernde rot-rot-grüne Minderheitsregierung in
Sachen rationalem Umgang mit Corona-Maßnahmen ohnehin generell vor
sich hertreibt, präsentiert sich die FDP ohne klare Linie. "Dass
ausgerechnet die FDP-Fraktion im Landtag mit einem Aufschrei der
Entrüstung über das Gebaren der Stadt Jena reagiert, das hier
wiederum maßgeblich von einem FDP-Mann initiiert wurde, ist an
Doppelzüngigkeit nicht zu überbieten", kritisiert Wothly
scharf.